Hier findest du die Audiobeschreibung zum Bild:
Was Ausruhen für uns bedeutet
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Alle haben wir den Leistungsdruck durch diese Gesellschaft verinnerlicht.
Wir sollen mithalten, besser sein, unseren Teil zur Gesellschaft beitragen,
Mehr lernen, mehr leisten, auf die herabschauen,
Die das nicht oder weniger können.
Pausen machen, höchstens als Sommerurlaub von deiner Vollzeit-Lohnarbeit.
Oder Unterbrechung deiner Selbstständigkeit, für die nächste Weiterbildung,
Selbstverbesserung, um politische Strukturen aufzubauen, Beziehungsarbeit.
Ausruhen ist nur erlaubt, wenn du genug geleistet hast und dir das verdienst.
Aber was, wenn wir Ausruhen müssen?
Weil unsere Körper nicht (mehr) können oder nie konnten.
Wenn Ausruhen die Bedingung ist, um Teilsein zu können.
Auf dem Weg nach Hause, dein Körper unterzuckert, erschöpft,
Aber du findest keine Bank zum sitzen.
Menschenfeindliche, defensive Architektur, dafür gemacht, dich auszuschließen.
Menschen auszusortieren aus dem öffentlichen Raum.
Wenn wir obdachlos, chronischkrank oder alt sind, konsumierend oder zu laut.
Pendelnd unterwegs, irgendwo musst du die Wartezeit verbringen.
Aber 1 Stunde Stehen kann dein Körper (heut) nicht
Und fürs Cafe gegenüber bräuchtest du Geld.
Du wirst von Securities verscheucht, deren Job es ist,
Menschen vom Sitzen an Orten abzuhalten.
Pausen dürfen wir uns nicht erlauben.
Erst recht nicht sichtbar für alle in der Öffentlichkeit.
Aber wir brauchen Pausen. Wir brauchen Ruhe.
Leerzeiten im Lebenslauf. Lücken im Tag.
Wir brauchen es, Dinge in unserer eigenen Geschwindigkeit zu machen.
Leben in Crip time.
Und was, wenn wir es uns gar nicht leisten können, uns auszuruhen?
Fragen wir.
Wenn wir Care-Arbeit leisten oder prekäre Beschäftigungen haben, von denen es keine Urlaube gibt.
Wenn Gesetze uns sagen, dass wir ununterbrochen arbeiten müssten,
Damit wir das Recht auf einen Aufenthaltstitel behalten.
Erst recht. Brauchen wir uns gegenseitig.
Brauchen wir solidarische Menschen,
Die uns sehen und für uns kämpfen, wenn wir es selbst nicht können.
Die wir um Hilfe fragen, die uns Luft verschaffen können,
Zum Ausruhen und Aufatmen.
Für mehr Raum fürs Ausruhen – gegen den Leistungsdruck.
Wo ruhst du aus? Und was brauchst du zum Ausruhen?
Du würdest ja gern, aber hast noch keine Idee, wie du am Besten Ausruhen kannst? Dann hör einfach hier nochmal rein und lass dich inspirieren:
Elfchen zum Ausruhen, gegen Leistungsdruck
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Von der Motivgruppe geschriebene Elfchen. Ein Elfchen zum Thema Leistungsdruck oder Ausruhen ist schnell geschrieben und du kannst das auch selbst machen. Und wenn du magst, auch gern mit uns unter unserem Instapost zum Januar-Motiv teilen.
Ein Elfchen besteht aus 11 Worten in fünf Zeilen. Erst ein Wort, dann zwei Worte, dann drei, dann vier. Und am Ende noch ein Wort in Zeile fünf.
Elster-Passage
wieder unterzuckert
muss mich hinsetzen
es gibt keine Bank
Grrr
Excel
Verlorenes Zeilenmeer
Die Maus zittert
Noch eine weitere Formel –
Herunterfahren
Gruppenzeit
Verbunden fühlen
Körper sagt: Alleinesein.
Traurigkeit macht sich breit
– Zurückkommenkönnen –
Jobcenter
Nervöses Bauchgrummeln
Trotziges beschönigendes Gelaber
Stress Wut Abwertung Erschöpfung
🔥
Küchensofa
Müde Mundwinkel
Die speckigen Rückenkissen
Rufen nach meinem Gewicht
Schwerelos
Palmengarten
Wohlig weich
Liege im Gras
Die Spannung fällt ab
Sommer
Leitfaden: Ausruhqualitäten im öffentlichen Raum
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Orte, die zum Verweilen und Ausruhen einladen,
Sind essenziell für alle. Sie sind besonders wichtig für Menschen, die aus verschiedenen Gründen auf regelmäßige Pausen angewiesen sind – sei es aufgrund chronischer Erkrankungen, eingeschränkter Mobilität oder schlicht aufgrund von Erschöpfung.
Wenn du selbst bisher wenig Berührungspunkte mit dem Thema “Ausruhen im öffentlichen Raum” hattest – zum Beispiel, weil das in deinem Alltag oder dem deiner engen Bezugspersonen keine Rolle spielt – dann hilft dir dieser Leitfaden, eine andere Perspektive einzunehmen.
Was du dafür brauchst?
Ein paar Minuten Zeit und die Fragen unten. Also: Geh gerne einmal vor die Tür und schau dich um. Du kannst diese Fragen auch mitnehmen auf deinem Weg zur Arbeit, zu deinem Lieblingspark oder zu anderen Orten, die du besuchst.
Was Menschen zum Ausruhen brauchen, hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Manche bevorzugen eine ruhige, abgelegene und wenig beleuchtete Ecke, um Reize zu reduzieren. Andere suchen einen gut beleuchteten Ort mit regelmäßigem Passantenverkehr, um sich sicher zu fühlen. Auch Familien mit kleinen Kindern, ältere Menschen oder Personen, die in Begleitung von Hilfsmitteln unterwegs sind, haben jeweils spezifische Anforderungen.
Diese Liste soll dir dabei helfen, den öffentlichen Raum bewusster wahrzunehmen und zu reflektieren, wie zugänglich und einladend Orte für unterschiedliche Bedürfnisse gestaltet sind.
Was macht einen guten Ausruh-Ort aus?
- Sitzgelegenheiten: Sind genügend Sitzmöglichkeiten vorhanden? Gibt es Rückenlehnen, Armstützen oder auch mal flexiblere Sitzplätze? Wie ist der Zustand und Komfort?
- Wege und Barrierefreiheit: Sind Gehwege breit, eben und ohne Stolperfallen? Gibt es Rampen, abgesenkte Bordsteine und taktile Leitlinien? Sind Stufen oder Hindernisse ein Problem?
- Wetterschutz: Gibt es Überdachungen, Schattenplätze oder Schutz vor Wind und Regen? Besonders wichtig bei starker Sonne oder schlechtem Wetter.
- Geräuschkulisse: Ist es angenehm ruhig oder stört Verkehrslärm?
- Beleuchtung: Ist der Ort ausreichend beleuchtet, um sich sicher zu fühlen? Ist das Licht angenehm oder blendend?
- Defensive Architektur: Gibt es abweisende Designs, wie stachelige Strukturen oder Sitzgelegenheiten, die unbequem gemacht wurden, um Verweilen zu verhindern?
- Straßenüberquerung: Sind Zebrastreifen, Ampeln oder andere sichere Möglichkeiten vorhanden? Wie lange sind die Grünphasen?
- Verkehrsanbindung: Gibt es eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr? Wie nah sind Haltestellen und wie häufig fahren Bus oder Bahn?
- Toiletten: Gibt es öffentliche Toiletten? Sind sie sauber, barrierefrei und kostenlos zugänglich? Gibt es Wickeltische oder geschlechtsneutrale Optionen?
- Wasserspender: Gibt es die Möglichkeit, kostenlos Trinkwasser nachzufüllen?
Glitzerstaub
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Ein kurzer Eindruck aus einem unserer Vorbereitungs-Treffen.
Im letzten März haben wir mit der gesamten Projektgruppe einen Workshop zum Kreativen Schreiben und Selbstfürsorge mit Vee und Sherrillio veranstaltet. Hier ist auch diese Geschichte vom kleinen Demo-Bär in einer Schreibübung entstanden, die wir euch nicht vorenthalten wollten.
Glitzerstaub
Der kleine Bär sitzt in seiner selbstgebauten Höhle und denkt nach. Über ihm drehen sich die Sterne und es läuft leise Musik. Neben ihm dampft eine Tasse heiße Schokolade. Der kleine Bär ist heute schüchtern und ein bisschen introvertiert. Manchmal gibt es eben so Tage, da kuschelt er sich lieber in seiner Höhle ein, als unter andere Bären zu gehen. Plötzlich hört er Pfiffe und laute Rufe und Musik von draußen. Neugierig schnappt sich der kleine Bär sein Fernrohr und späht aus dem Guckloch seiner Höhle nach draußen. Dort laufen ja richtig viele Bären vorbei! Sie halten Transparente in der Hand and halten Schilder in die Höhe. Manche von ihnen tragen schillernde Outfite. Andere haben ihr Fell gefärbt und sich ihre Ohren und Nasen gepierct. Andere tragen schwingende Röcke und spitze Hüte.
Analytisch betrachtet der kleine Bär das bunte Treiben. „Aha“, denkt er sich. Das muss wohl die AQFBG sein, die Anarcha-queerfeministische Bärengruppe sein. Wenn sie dazu aufrufen, auf die Straße zu gehen, flimmert die Luft vor Energie und Kraft. Man kann den feinen Duft von Umbruch und Veränderung erschnuppern. Und zurück bleibt eine feine Spur Glitzerstaub. Ein Bär mit blauen Ohren und auf pinken Stöckelschuhen erspäht den kleinen Bären in seiner Höhle und ruft: „Komm und mach mit. Schließ dich uns an. Wir brauchen alle Bären auf der Straße!” Nachsichtig lächelt der kleine Bär: „Nein, heute nicht. Heute brauche ich eine Pause. Aber wenn du magst, kannst du dich kurz zu mir setzen und eine Tasse Kakao trinken.”
Der Bär mit den blauen Ohren sieht zuerst verunsichert aus, nimmt dann aber das Angebot an. Die beiden trinken gemütlich und schweigend ihre heiße
Schokolade und beobachten, wie die Demo vor der Höhle vorbeizieht. Manchmal zeigen sie auf ein besonders kreatives Plakat oder auf ein mutiges Outfit. Gestärkt und wohlig bedankt sich der Bär mit den blauen Ohren beim kleinen Bären: „Danke für deine Einladung. Bei dem ganzen Trubel habe ich selbst gar nicht gemerkt, wie erschöpft ich war. Jetzt geht es mir schon viel besser.” Und flugs und mit einem zufriedenen Lächeln hüpft der Bär mit den blauen Ohren zurück auf die Straße. Und hinterlässt eine feine Wolke Glitzerstaub.
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UND ALLE SO STILL von Mareike Fallwickl
Der Roman erzählt von einem Sommer, in dem FLINTA ihre Lohn- und Care Arbeit und sich selbst auf die Böden der Stadt niederlegen. Er verhandelt Ausruhen als feministische Protestform und Solidaritäts-Möglichkeit. Als Frage nach dem Nicht-mehr-können und danach, wer es sich überhaupt leisten kann, sich auszuruhen.
Inhaltshinweise: In dem Roman werden viele Themen behandelt, die einen Trigger darstellen können. Dazu gehören u.a. sexualisierte, körperliche, psychische und strukturelle Gewalt, Sexismus, Rassismus, Trans- und Queerfeindlichkeit, Ableismus, diverse Geschehnisse in einem Krankenhaus, u.a. explizite Schilderung von Verletzungen / Krankheiten, Körperflüssigkeiten und Tod, Waffen, Drogenkonsum, Sex und viele mehr.
ANTI-GIRLBOSS: DEN KAPITALISMUS VOM SOFA AUS BEKÄMPFEN von Nadia Shehadeh
“Work hard, party hard!” “Leistung zahlt sich aus!” Solche hohlen Phrasen kann Nadia Shehadeh nicht mehr hören. Was, wenn der Führungsjob mit Verantwortung keinen Spaß macht, Papier sortieren am Kopierer aber schon?
THE MOST VALUABLE THING I CAN TEACH MY KIDS IS HOW TO BE LAZY von
Elliot Kukla ist Rabbi, Seelsorger – und chronisch krank. Er beschreibt, wie sein Kind seine Müdigkeit und Erschöpfung erfährt. Früher hat er sich Sorgen gemacht, dass er wegen seiner Krankheit kein guter Papa sein kann. Doch es ist wertvoll, seinem Kind das Faulsein mitgeben zu können. Kindheit braucht Schlaf und Träumen.
Essay aus dem Sammelband Disability Visibility: First-Person Stories from the Twenty-First Century, herausgegeben von Alice Wong. Das Essay ist außerdem in der New York Times als Artikel erschienen. Dort ist es hinter einer Paywall, die du hier umgehen kannst. Der Text ist auf Englisch.